Der letzte Besuch auf den Kanaren war sowohl für meine Frau als auch für mich sehr lange her. Selber war ich 2002 das letzte Mal auf Teneriffa. Der Euro war gerade da, die halbe Welt war im „War On Terror“ und Gerhard Schröder war noch Kanzler. Er war also höchst überfällig. Über das Reisebüro im Nachbarstadtteil haben wir schon sehr sehr früh die passende Option gefunden. Also, ab auf „verbrannte Erde“, da die Kanaren viel Vulkansand vorweisen können. Das soll aber nicht über die reiche Fauna speziell auf Fuerteventura hinwegtäuschen.
Playa Esmeralda, Costa Calma, Fuerteventura
Auf Fuerteventura angekommen, haben wir uns schnell orientiert. Das ist nicht einfach, wenn meine Frau eher Pool und Palmen, ich eher Erkunden und Erleben mag. Ersteres hat die Hotelanlage hervorragend hinbekommen. Auch das Rahmenprogramm hatte viel zu bieten, von Fußballabenden, bei denen Engländer und Spanier das Finale der Europameisterschaft schauten, bis hin zu VR-Workouts im Freien für die Kids. Auch die nahegelegenen Strände konnten durchaus bezaubern.
Schnell haben wir festgestellt, dass die Katamaran-Touren beliebt sind. Eigentlich waren es bootsfähige Partytouren 😉 … also, zumindest dann, wenn wir mal halt gemacht haben. Während der Fahrt haben die Winde der Kanaren und die Wellen des Atlantiks sicher manchen Magen an die Schmerzgrenze gebracht. Die Delfine blieben dann auch lieber unter Wasser, aber wenigstens hat das Schwimmen im Ozean vieles Wett gemacht.
Das Mekka der Surfer: Playa de la Pared
Ebenso wollten wir die Insel ein wenig erkunden. Dank digitaler Reiseführer haben wir uns einen Plan gemacht. Mit einem Mietwagen unterm Hintern konnte die Reise dann auch losgehen. Erstes Ziel: La Pared.
Hier haben wir einen älteren Herren getroffen, der schon seit 15 Jahren auf Fuerteventura lebt und seit 1995 immer wieder auf die Insel kommt. Er sagte, dass das, was wir vor Ort erlebt haben, an Wellengang noch relativ zahm ist und das bei hohen Wellengang das Wasser Meter hoch gegen die Felswände schlägt. Im Gespräch hat er uns unbedingt empfohlen, Betancuria zu besuchen, ebenso Antigua.
Kurzer Stop hier am Surf-Café »Caveto« (Caveto bei Instagram), Schokokuchen (O-Ton meiner Tochter: „Der war totaaaal lecker!“) und Ocean Beer IPA inklusive. Die Gastgeber sind aus Krefeld hier hingezogen. Und fühlen sich total wohl. „Happiness is enjoying the little things in life“, steht als Motto am Haus. Couldn’t agree more!
Arrr! Die Piraten der Cuevas de Ajuy
Die FV-621 führt uns am Aussichtspunkt Mirador Sicasumbra vorbei in das Fischerdorf Ajuy im Westen Fuerteventuras.
Dort geht es die Straßen herab, einige wilde Peperonis an Palmen passierend, zum Strand und zu den Piratenhöhlen, zumindest der Legende nach. Die eigentliche Höhle ist längst mit Kies und Stein zugeschüttet. Die Akustik aber, wenn die Wellen gegen den Fels schlagen und beim Rückzug die Steine zum Rasseln bringen, ist atemberaubend.
Generell scheint Ajuy ein nettes kleines Städtchen zu sein. Der Strand selber ist schwarz, dem Vulkanstein sei dank. Auch hier ist der Wellengang kurz nach Mittag sehr beachtlich. Bevor wir weiterfahren, haben Anja, Hannah und Benedikt noch einige Steinbauten am Strand hinterlassen 🙂
Durch die Mitte der Insel schlängeln
Durch die Serpentinen Fuerteventuras auf der FV-30 machen wir auf dem Weg nach Betancuria einen Halt bei Mirador Risco de las Peñitas. Bei 350m Höhe bietet sich ein atemberaubender Blick auf eine Oase nahe dem Dorf La Vega de Río Palmas, das Reservoir Presa de las Peñitas.
Stippvisite bei der Schutzpatronin
Bei der Durchfahrt durch La Vega de Río Palmas haben wir noch kurz Halt an der Kirche Iglesia de Nuestra Señora de la Peña gemacht. Eine schöne alte Kirche, 1716 errichtet und Heimat der Nuestra Señora de la Peña, Schutzpatronin Fuerteventuras.
Das erste Zentrum der Insel
Dann: Betancuria. Die alte Hauptstadt Fuerteventuras. Sie wurde 1404 vom Eroberer Jean de Béthencourt und normannischen Siedlern gegründet. Die Kirche Santa Maria de Betancuria wurde 1410 errichtet und war sogar kurze Zeit (1424 bis 1431) Kathedrale des Bistums Fuerteventura. Immer wieder wurde der Ort von Piraten überfallen, ehe 1834 Antigua Hauptstadt wurde.
Käse, Keramik und Kirche stehen heute im Vordergrund. Insgesamt erinnert viel im Ort an die Geschichte, der Eselsführer etwa oder das archäologische Zentrum samt Kanone (das leider geschlossen war). Auch nicht zu verpassen: Das Geschäft mit unterschiedlichsten Porzellanwaren, die wunderschön das lokale Kolorit darstellen.
Verhungern wird man auch nicht. Der Weg führte uns zur La Taverna, mit vielen Spezialitäten vom Grill und einer guten Auswahl an Dry Aged Steaks. Man vergisst schnell, dass Betancuria nicht mehr als 800 Seelen beherbergt — dass jeder Winkel des Dorfes Geschichte atmet, macht ihn so besonders.
Audienz bei den Königen
Antigua haben wir aufgrund der Zeit nicht mehr machen können. Die vorgeschlagene Route zurück daher, wo wir her kamen, haben wir ebenfalls ausgeschlagen und sind über den Nord-Ost-Bogen durch die Mitte wieder in Richtung Hotel gestartet. Perfekt, um den beiden Königen einen Besuch abzustatten.
Guyse und Ayose waren zwei Könige, die zum Zeitpunkt der Landung der Normannen über die Nord- und Südhälfte der Insel herrschten. Ihre Truppen waren gegenüber den Eindringlingen hoffnungslos unterlegen. Sie wurden getauft und trugen fortan die Namen Luis, der im Norden weilte, und Alfonso im Süden. Bis zum 17. Jahrhundert haben beide Regionen jeweils einen jährlich gewählten Gouvaneur zum Rat entsandt, der nach der Besatzung in Betancuria eingesetzt wurde.
Mit dieser letzten Geschichtsstunde ging es dann endlich durch die verbleibenden Serpentinen nach Hause. Übrigens: Das Ocean Beer war auch wunderbar 🙂
Fernweh
Vielleicht ist es wahr, dass auf den Kanaren immer ein Stück vom Herz zurück bleibt. Und sicher war der Break auch notwendig. Das Unaufgeregte und generell das schöne, da nicht sehr heiße Wetter haben neben den Erlebnissen — und da gab es noch einige mehr — ihren Anteil. Wir haben uns wohl gefühlt. Ich denke oft an die Insel zurück. Wir werden wiederkommen.