Ich habe lange nichts mehr sehr persönliches in meine „Wolke“ geschrieben. Zum einen wollte ich bewusst Beiträge aus dem Metier „Digitale Medien“ und „Schiedsrichter“ bringen, zum anderen denke ich, dass privates eben privat ist und sich die meisten eh nicht dafür interessieren.
So ist es nun der Perspektivenwechsel, den ich in den letzten Wochen erlebt habe, der mich zum Schreiben eher persönlicher Worte bringt. Ich bin zum ersten Mal Vater geworden, und wenn man die aufregende Anfangszeit zwischen Schlaflosigkeit und Papierkrieg überstanden hat, kann man ins Grübeln kommen. Gerade dann, wenn man es gewohnt ist, vieles über digitale Medien zu konsumieren, wie ich es mache. Denn zwangsläufig stellt sich die Frage, ob das wirklich von Belang ist, was man gerade liest.
Liegt es wirklich am eigenen Netzwerk, also an den Menschen, mit denen man eine aktive Verbindung digital eingeht, wenn irgendwann der Eindruck entsteht, dass womöglich ein Strom der Belanglosigkeiten vor dem eigenen Auge vorbeizieht? Das wäre zumindest eine der Thesen, die u. a. schon in EPIC 2015 zu hören war. Da ist was dran. Zwischen interessanten Links, eigenen Erlebnissen oder selbst erschaffenen Medien – sei es Video, Bild, oder Ton – mischt sich immer mehr ein Buchstabensalat der Irrelevanz, dem vielleicht Langeweile oder Selbstgefälligkeit zugrunde liegen kann – oder andere Motive.
Im Grunde ist ja alles schön und gut, auch scheinbar irrelevante Inhalte sind eine Form der Kreativität, und ich bin der Letzte, der jemandem diese Freiheit verwehren will. Aber ich trage immer mehr das Gefühl in mir, ob das alles ist. Warum „wir“ (damit meine ich eigentlich eine indifferente Personengruppe irgendwo zwischen „einigen“ und „vielen“) das Netz so nutzen, wie wir es nutzen – am Rande der Vergeudung. Es geht einher mit der Frage, welche Version des Netzes meine Tochter umgeben wird, wenn sie in der Lage ist, sich in diesem zu bewegen / dieses zu gestalten. Ob wir als Gesellschaft mit dem Netz arbeiten, um unser Wissen zu mehren und unser Leben zu verbessern. Oder ob das Netz gegen die Gesellschaft arbeitet und uns unserer Freizügigkeit beraubt, wie wir es aktuell anhand der Überwachungsdebatte erleben. Sicher, es gibt genug Beispiele, wie das Netz und die Applikationen, die darüber laufen, den Menschen im Alltag echt helfen — dazu zu anderer Zeit mehr — aber mein Gefühl ist, dass es aktuell keine große Rolle spielt.
Es geht auch einher mit der Frage, welchen Beitrag ich über das Vatersein hinaus noch leisten kann. „Follow your heart“ ist wohl das Beste, was man hier machen kann, wenn man eines inneren Kompass bedarf.
Die Antworten werden viel Geduld benötigen. Und wenn der ein oder andere hier einen Gedanken in den Kommentaren da lassen möchte, würde ich mich sehr freuen 🙂
Stein des Anstoßes, übrigens, u. a.: Das Internet als digitale Zwangsjacke. Über den Kulturkritiker Evgeny Morozov, gelesen auf sueddeutsche.de